Bei den orthodoxen Christen kann das Osterfest, im Griechischen „Πάσχα (Páscha), schon mal in den Mai fallen. So ist es zum Beispiel 2024. Ostern liegt dieses Jahr auf dem 4. und 5. Mai, und heute ist in der orthodoxen Kirche Ostermontag.
Auch im christlich-orthodoxen Griechenland wird Ostern am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond, der Tagundnachtgleiche, begangen. Nur wird das Datum dieses beweglichen Kirchenfestes und der sich daraus ableitenden kirchlichen Feiertage nicht wie in der Westkirche nach dem gregorianischen Kalender berechnet, sondern nach dem julianischen.
Der julianische Kalender wurde 45 v. Chr. von Julius Cäsar eingeführt, der gregorianische 1582 durch Papst Gregor XIII. Beide sind Sonnenkalender. Die Reform und Einführung des gregorianischen Kalenders hatten den Zweck, das Kalender- und das Sonnenjahr besser aufeinander abzustimmen. Also strich man bei der Kalenderreform von 1582 zehn Tage, so dass auf Donnerstag, den 4. Oktober direkt Freitag, der 15. Oktober folgte. Da bei der Kalenderreform kein Wochentag ausfiel, auf den Donnerstag folgte ein Freitag, unterscheiden sich julianischer und gregorianischer Kalender nicht beim Wochentag, aber im Datum. Zwischen den beiden Kalendern besteht derzeit eine Differenz von 13 Tagen.
In den meisten orthodoxen Kirchen wird bis heute der julianische, also der ältere Kalender verwendet. Die Griechen haben sich in weltlichen Dingen inzwischen zwar an den gregorianischen Kalender angepasst – am 21. März ist auch in Athen der 21. März –, doch im kirchlichen Bereich halten sie am julianischen fest. So kommt es, dass die Osterfeste bis zu fünf Wochen auseinanderliegen können – wie es dieses Jahr der Fall ist.
Ostern ist das größte christliche Fest und in Griechenland am Ostersonntag, gr. Κυριακή Του Πάσχα (Kyriaki tou Pascha), der höchste Feiertag. In der Osterzeit wie auch in der voraufgehenden 40‑tägigen Fastenzeit (Σαρακοστή – Sarakosti, von σαράντα – vierzig) gibt es viele Bräuche und Traditionen, die bis heute von den Menschen gelebt werden, um diese wichtigen Tage im Jahreskreis zu begehen.
In der Woche vor Ostern, der griechischen Karwoche, gr. Μεγάλη Εβδομάδα (Megali Evdomada) oder Große Woche, ist strenges Fasten weithin üblich. Nach fast vierzig Tagen Fastenspeise – ohne Fleisch oder Fisch, ohne tierische Produkte, wie Milch, Joghurt, Käse oder Eier, und meist auch ohne Olivenöl, die Nummer eins der griechischen Ernährung – ist es nun aber so weit, dass man sich in Aussicht auf das höchste Fest, nach all dem Verzicht oder gerade deshalb, mit Akribie an die Vorbereitung der typischen Gaumenfreuden macht.
Am Gründonnerstag, griechisch der Große Donnerstag, gr. Μεγάλη Πέμπτη (Megali Pempti), wird in den Häusern nicht nur alles für das Osterfest rein und sauber gemacht, die Tradition ist, an diesem Tag den Tsoureki (Τσουρέκι) zu backen und die Eier rot zu färben.
Tsoureki ist das griechische Osterbrot, gleich einem Osterzopf, darin ein rotes Ei. Besonders an diesem Backwerk ist die Zugabe von Mahleb (Μαχλέπι), dem Keimling der Felsenkirsche, und Mastix (Μαστίχα), dem Harz des Mastixbaumes. Diese Gewürze verleihen dem Tsoureki seine besondere Note. Der Tsoureki muss aber bis Ostersonntag warten oder besser bis in die Osternacht …
… ebenso die Eier, und die sind in Griechenland an Ostern bis heute traditionell rot. Seit der Antike hatte das Ei Symbolgehalt, es stand als Sinnbild für Leben und Fruchtbarkeit. Im Christentum versinnbildlicht es die Auferstehung Christi. Auch steht es, nachdem vierzig Tage gefastet und auf tierische Produkte verzichtet wurde, für einen neuen Anfang und für Kraft. Eingefärbt und dekoriert wurden Eier schon vor Urzeiten. Die rote Farbe geht symbolisch auch auf das Blut der Wunden Christi zurück, andererseits ist die kräftige Farbe Ausdruck der Freude und des Lebens wie in der Auferstehung.
Wenn es um das Ei geht: Ein Brauch in der griechischen Osternacht beim Auferstehungsmahl ist das Τσούγκρισμα (Tsougrisma), dt. Anstoßen. Die rot gefärbten und mit Öl polierten Eier stehen bereit und werden in der lichterfüllten österlichen Nacht zu einer Art Wettspiel eingesetzt. Ein Ei stößt das andere. In den Familien und unter Freunden wird so lange mit einem Ei an das andere angestoßen, bis die Schale zerbricht. Die Schale symbolisiert das Grab Christi, das aufgebrochen wird. Dem Leben wird ans Licht verholfen.
Der Wunsch der Auferstehung des griechischen Osterfestes lautet
„Χριστός Ανέστη!“ (Christós anésti) – Christus ist auferstanden!, jeder ruft ihn in der Osternacht dem anderen zu.
Die Antwort und Bestätigung, die ein jeder erwidert
„Αληθώς Ανέστη“ (Alithos anesti) – Er ist wahrhaft auferstanden!
Καλή Ανάσταση και καλό Πάσχα! (Kali Anastasi kai kalo Pascha!)
Frohe Auferstehung und frohe Ostern
… auch noch im Mai
Artikel verfasst von Maria-Theresia Kaltenmaier